BUNDjugend  

Zu gut zum Wegwerfen?! Unsere Nachernte-Aktion

12 Millionen Tonnen noch genießbare Lebensmittel landen jährlich in Deutschland im Müll. Ein Drittel davon ist Obst und Gemüse. Bereits beim Erzeuger entstehen 10% der Abfälle. Mit diesem Teil der Lebensmittelabfälle haben wir uns im Rahmen einer Nachernte-Aktion beschäftigt.

Ende September fuhren wir dafür nach Seeblick zum Demeterhof der Familie Dech, die uns die Möglichkeit gegeben hat, uns ein Bild von der Problematik zu machen und einen Teil des Gemüses nachzuernten.
Bewaffnet mit Rucksäcken und Taschen, Messern für die Ernte und viel Motivation trotz des nassen und kalten Wetters ging es dann also mit Zug und Bus raus nach Brandenburg, wo wir von dem sehr netten Bauern Kai Dech erwartet wurden.
Er erzählte uns von Problemen in der Landwirtschaft, speziell der biologisch-ökologischen, und wie es überhaupt zu der Verschwendung direkt beim Erzeuger oder an der Schnittstelle zum Großhandel kommen kann: eine Ladung Mais wurde zum Beispiel zurückgeschickt, weil sich Läuse auf den Blättern befanden – der Maiskolben an sich war einwandfrei. Eine Hälfte konnte noch an ein mexikanisches Restaurant verkauft werden, für die andere Hälfte, ca. 10 Kisten, konnten jedoch keine Abnehmer*innen gefunden werden. Enttäuscht erzählt uns Kai Dech, wie diese Ladung am 20. September zurückgekommen ist: während auf dem großen Fridays for Future Global Strike allein in Deutschland über eine Million Menschen auf der Straße für mehr Klimaschutz demonstrierten, wurde Mais für den Abfall bestimmt, welcher, abgesehen von den Läusen, keinen Schaden hatte. Wer sich nach dem Zusammenhang fragt: ca. 15 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland entfallen auf die Lebensmittelproduktion. Zwar entsteht ein wesentlich größerer Teil der Treibhausgase für die Produktion tierischer Produkte, aber ist es nicht auch schon bei Gemüse ärgerlich, wenn trotz des Ressourcenverbrauchs für die Produktion leckere, nahrhafte Lebensmittel einfach nicht verkauft werden?
Manches Gemüse wird gar nicht erst geerntet, da es nicht „perfekt“ ist und daher vom Großhandel nicht abgenommen wird. Zwar gibt es Initiativen, welche Gemüse auch zu niedrigeren Preisen abkaufen, allerdings übersteigen die Personalkosten diese Preise, sodass für den Betrieb ein Minus entstehen würde. Kai Dech erzählt uns auch von der allgemein schwierigen Lage der kleinen Ökobetriebe in Deutschland: die Konkurrenz durch Großbetriebe, welche in den letzten Jahren vermehrt auf Bio-Landwirtschaft umgestiegen sind, senkt die Preise und macht es kleinen Betrieben schwierig, sich zu halten. Es gibt Probleme, bei den geringen Löhnen, die in der Landwirtschaft gezahlt werden können, Personal zu finden, und Schwierigkeiten, Nachfolger*innen für die Betreiber*innen der Höfe zu finden. Und so blieben hier zum Beispiel sehr viele Kürbisse liegen, die stellenweise angeknabbert, ansonsten aber ohne Mängel und super lecker waren.

Nach dem sehr informativen Gespräch ging es dann raus aufs Feld: zuerst ernteten wir Brokkoli, Blumenkohl und Wirsingkohl. Einige von uns hatten schon mal Gemüse geerntet, andere sahen zum ersten Mal, wie so eine Brokkolipflanze eigentlich aussieht. Spaß hatten wir alle trotz der Kälte und der nassen Füße. Danach sammelten wir noch einen Teil der Kürbisse ein, zumindest soviel wir tragen konnten. Vom Mais haben wir auch noch einige Kolben mitgenommen.


Vollbepackt mit Taschen voller frischem Gemüse kamen wir dann nachmittags im Büro an. Einen Teil der geretteten Lebensmittel verkochten wir direkt zu einem herbstlichen Essen: Kürbissuppe, Kohlgemüse und Maiskolben aus dem Backofen. Der andere Teil wurde im Laufe der nächsten Tage noch verteilt.
Insgesamt haben wir durch die Aktion viel gelernt, uns viel ausgetauscht, die Motivation mitgenommen, uns mehr mit der Problematik zu beschäftigen und auf jeden Fall viel Spaß gehabt.